„Sprache schafft Bewusstsein – auch im Reitsport.“
Gendern wird oft belächelt oder als „politisch korrekt“ abgetan. Gendern heißt nicht nur „Sternchen“ – es bedeutet, Menschen in ihrer Vielfalt ernst nehmen.
Doch im Reitsport, in der Therapie und im Training mit dem Körper geht es beim Gendern um weit mehr: nämlich um Gesundheit, Bewegungsökonomie und einen achtsamen Umgang mit körperlichen Unterschieden.
In Medizin und Training zeigt sich: Wer geschlechtsspezifisch forscht und therapiert, erzielt bessere Ergebnisse.
Ich bin Physiotherapeutin, Pohl®-Therapeutin und war früher aktive Reiterin. Ich arbeite jeden Tag mit Menschen, deren Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist – oft, weil sie an Vorstellungen festhalten, die nicht zu ihnen passen.
Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir auch im Reitsport fragen:
Wessen Körper wurde hier eigentlich mitgedacht?
Klassische Reitlehre: Für Männerkörper gemacht
Die Ursprünge der Reitlehre liegen im militärischen Kontext: Reiten war Männersache, und die Ausbildung orientierte sich an männlichen, durchtrainierten Körpern. Beckenform, Sitzhaltung, muskuläre Balance – alles war auf den männlichen Soldatenkörper ausgelegt.
Die waren fit, austrainiert, und hatten eine ganz andere Anatomie als der durchschnittliche Mensch heute.
Heute sieht die Realität anders aus:
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Rund 80 % der Reiter:innen sind weiblich
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Viele kommen aus sitzenden Berufen, sind körperlich weniger durchtrainiert
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Frauen haben andere Beckenformen, andere Schwerpunktverlagerungen und muskuläre Voraussetzungen und weicheres Bindegewebe
Trotzdem wird vielerorts noch immer „ein Sitz für alle“ gelehrt. Das funktioniert nicht – und kann sogar schaden.
Warum gendergerechtes Reiten gesund ist
Gendern im Reitsport bedeutet, die realen körperlichen Unterschiede ernst zu nehmen – nicht zu trennen oder zu werten, sondern individuell zu fördern. Dabei geht es nicht nur um Sprache, sondern um:
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Anatomisch sinnvolle Sitzschulung
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Körperwahrnehmung & Selbstbild
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Therapeutische Prävention und Rehabilitation
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Feinere Kommunikation mit dem Pferd
Sprache beeinflusst Körperbild
Wenn Reitlehre, Fachbücher und Kurse durchgehend nur von „dem Reiter“ sprechen, wird unbewusst ein Idealbild vermittelt – meist männlich, muskulös, kraftvoll.
Viele Frauen empfinden sich dann „nicht richtig“ in ihrem Körper, weil sie unbewusst versuchen, sich an ein körperfremdes Ideal anzupassen – mit Folgen für:
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die Körperhaltung
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die Sitzbalance
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das Selbstbild
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und letztlich auch: die therapeutische Wirksamkeit
Pohltherapie® & geschlechtsspezifische Spannungsmuster
In der Pohltherapie® arbeiten wir mit chronischen Spannungen, Bewegungsblockaden und Körperbewusstsein. Dabei ist geschlechtssensibles Arbeiten zentral – z. B. bei:
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Beckenbodenproblemen
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Schulter-Nacken-Beschwerden
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Zyklusbedingten Spannungen
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Emotional bedingten Körperhaltungen
Ein geschlechtssensibler Blick bedeutet:
Nicht alle Menschen funktionieren gleich – und das ist gut so. Aber Training und Therapie müssen darauf reagieren.
Wenn wir gendergerecht denken und sprechen, dann denken wir Körper mit. Wir schaffen Platz für individuelle Unterschied.